Lieblingskühe - DALIA RAE, zuverlässig und robust
Nach Not-OP und Spitzenleistung gibt die Holstein-Kuh nun ihre Gene weiter.
Jutta Berger, wissenschaftliche Mitarbeiterin
«Vermutlich waren wir einer der ersten Betriebe in der Schweiz, die Embryonen aus In-vitro-Produktion eingesetzt haben», erzählt Holstein-Züchter Andreas Hänni im Gespräch, «schon vor Jahren, als IVP bei uns noch gar kein Thema war, haben wir solche Embryonen aus Amerika importiert.» Seine Erfahrungen mit diesen seien am Anfang ernüchternd gewesen: «Zum Teil waren die Trächtigkeitsraten wirklich schlecht, und manche Geburten verliefen nicht so, wie man sich das wünscht.» In den letzten Jahren hätten die Verbesserungen in der Technologie jedoch spürbare Erfolge in vielerlei Hinsicht gebracht.
Gezielte Auswahl
Trotz mancher Rückschläge gab Res Hänni immer wieder eine Embryoproduktion in die USA in Auftrag. «Ich suchte vor allem Spenderinnen aus, die in Europa noch keine Nachkommen hatten. Oft gaben wir verschiedene Anpaarungen mit derselben Kuh in Auftrag und erhielten so gezielt unterschiedliche Nachkommen aus einer interessanten Familie.» Die Kosten für Embryonen und die Übertragung sowie das Risiko eines Misserfolgs nahm er in Kauf, um so wertvolle Kuhfamilien einzukaufen und Kälber mit dem eigenen Herden-Präfix «Hänni Farms» zu züchten. Selber Embryonen gespült oder produziert hat der Betrieb aber bislang nie.
Import-Embryo DANA RAE
Im November 2010 kam nach einem solchen Embryonen-Import MAC-Tochter DANA RAE auf seinem Betrieb in Gerzensee zur Welt. «Als mein Götti in einem Sommer während der Alpsaison eine Ersatzkuh suchte, gab ich ihm diese Kuh auf den Berg», erzählt der Züchter. «Dort hat sie sich total bewährt. Solche Zähigkeit und Robustheit sind für uns ein wichtiges Zuchtziel.»
Kämpferin mit Lebenswillen
Auch DANA RAEs Tochter DALIA RAE, geboren 2014, zeigte einen solchen besonderen Lebenswillen. Im Sommer 2016 ging sie wie alle Jungtiere des Betriebs z'Alp. Hochtragend kam sie zurück auf die Herbstweide, einer Kunstwiese, und blähte eines Nachmittags massiv auf. «Kurz vor dem Ersticken stach mein Nachbar sie in einer Notfallaktion mit dem Sackmesser», erinnert sich Res. Der Tierarzt nähte sie vor Ort zu und versorgte sie mit Antibiotika. DALIA RAE erholte sich schnell und brachte kurz darauf ihr erstes Kalb zur Welt: Hänni Farms DON JUAN war damals der RF-Stier mit einem der höchsten ISETs in der Schweiz. «Es war fast ein Wunder», sagt Res.
Hohe Grundfutterleistung
«Seither hat DALIA den Tierarzt quasi nicht mehr gesehen. Sie war immer problemlos, fehlerfrei im Umgang und hatte nie eine Mastitis, Zellgehalt oder dergleichen. Sie war einfach immer eine robuste, wirtschaftliche Kuh», freut sich der Züchter, «auch an ihren Nachkommen hatten und haben wir immer Freude.» Das genetische Potenzial der gesamten Linie sei ihm besonders wichtig, betont er. «Wir sind kein Schaubetrieb, schätzen aber Ex-Kühe mit hohem ISET. Sie müssen mit unseren Bedingungen zurechtkommen: Im Sommer haben sie Weidegang und im Winter eine grundfutterbasierte Ration aus Grassilage, Mais und Emd, die wir mit maximal 1.2 Kilogramm Raps- und Sojaschrot ausgleichen. Wir setzen kein Kraftfutter ein.» DALIA RAE schloss auf dieser Basis mehrere Laktationen mit über 10.000 kg Milch ab – in 5 Laktationen produzierte sie im Schnitt 9604 kg Milch (Lebensleistung 28.0 kg / Produktionstag) mit 4.56% Fett und 3.52% Protein.
Drei erfolgreiche Runden
«Leider blieb sie seit ihrem letzten Kalb im Jahr 2022 leer», bedauert Res Hänni, «ein bis zwei Töchter hätten wir schon noch gerne von ihr gehabt.» Daher entschloss er sich im vergangenen Sommer, es doch einmal mit einer eigenen Embryoproduktion zu versuchen und nahm Kontakt mit dem Team in Ins auf. «Wir haben im August 2024 drei IVP-Runden mit DALIA RAE gemacht, die recht gut funktioniert haben», erinnert sich Tierarzt Andreas Fleisch, «je nach Anpaarung sieht man aber deutlich unterschiedliche Ergebnisse.»
Der Stier spielt eine Rolle
Das sei nicht aussergewöhnlich, betont der Fachmann. Nicht nur die Kuh beeinflusse den Erfolg einer In-vitro-Produktion. Auch der Stier spiele eine wichtige Rolle. «Wir beraten die Züchter diesbezüglich, und wenn wir mit einem Stier bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben, raten wir von dessen Einsatz eher ab.» Bei den Holsteins profitiere man dabei von der grossen Datenbank der Swissgenetics-Partner bei Boviteq. Hier könne man nachschauen, wie gut ein Stier anderswo schon funktioniert hat. Je nachdem, wie risikofreudig der Besitzer der Spenderin sei, könne er so den sicheren oder eher den gewagteren Weg gehen. «Am Ende entscheidet selbstverständlich nur er, welcher Stier eingesetzt wird – und natürlich kann das Resultat auch alle Prophezeiungen übertreffen», so Andreas.