Was wäre wenn... ?
Bei der Weiterbildung des Besamungsdiensts standen Notfallszenarien im Zentrum.
Jutta Berger, wissenschaftliche Mitarbeiterin
Nur wer sich auf dramatische Ereignisse vorbereitet, kann sie im Ernstfall bestmöglich meistern. Daher stand der Weiterbildungstag 2025 ganz im Zeichen von allerlei Extremsituationen. Alle Besamerinnen und Besamer konnten ihre Kenntnisse in Erster Hilfe auffrischen und lernten, was der Ausbruch einer hochansteckenden Seuche hiesse.
Notfälle sind möglich
Wie wichtig gute Kenntnisse in Erster Hilfe für den Besamungsdienst sind, verdeutlichen die Einstiegsfragen für den Tag: «Was tust du, wenn du während der Besamungstour an einen Verkehrsunfall heranfährst? Wie verhältst du dich, wenn du auf einem Betrieb eine ohnmächtige Person auffindest? Wie hilfst du einem gestürzten Landwirt?» Als Berufsgruppe, die täglich viele Kilometer von Stall zu Stall fährt, trifft sie eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, mit einem Unfall oder anderen Notsituationen konfrontiert zu werden. «Wer den Führerausweis schon vor Längerem absolvierte, hat das eine oder andere Detail aus dem Nothelferkus zwischenzeitlich vergessen und sollte sein Halbwissen immer mal wieder aufbessern», weiss Sibylle Mellema, Organisatorin des Tages.
Richtig reagieren
Sibylle, die Mitglied im Team Arbeitssicherheit ist, erklärt, warum diese persönliche Weiterbildung wichtig ist: «Unglücksfälle sind zum Glück selten. Doch wenn sie eintreten, muss man wissen, wie man richtig reagiert.» In Kleingruppen konnten die Mitarbeitenden entscheidende Handgriffe gründlich üben: Das Verhalten als Ersthelfer, wichtige Reanimationsmassnahmen sowie der Umgang mit einem Defibrillator und die Versorgung Verunglückter.
Panik überwinden
Anhand realistischer Fallbeispiele erklärten Experten der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) alles praxisnah und anschaulich. Die Teilnehmenden konnten sich in die Panik einfühlen, die automatisch hochkommt, wenn man einen Unfall oder eine verunglückte Person auffindet. «Ziel ist es, diesen Moment so zu verkürzen, dass man möglichst rasch ins Handeln kommt. Den einzigen schweren Fehler, den man in einer solchen Situation tatsächlich begehen kann, ist, überhaupt nichts zu tun», betont Sibylle. Die Referenten untermauerten dies mit entsprechenden rechtlichen Grundlagen: Niemand wird wegen einer falschen Hilfeleistung belangt – nur unterlassene Hilfe ist eine Straftat.
Kompetente Referenten
«Die BUL unterstützte uns bereits mehrfach bei unseren Weiterbildungstagen. Sie hielt schon einen Kurs zum sicheren Umgang mit Rindern ab und unterwies unseren Besamungsdienst im Thema Ladungssicherheit», beschreibt Sibylle die bewährte Zusammenarbeit. «Dieses Jahr gab es ein extrem gutes Feedback», analysiert sie, «alle waren mit Eifer dabei und brachten ihre Wertschätzung für den Erste-Hilfe-Kurs unisono zum Ausdruck. Jeder ist sich nun der Verantwortung als potenzieller Lebensretter bewusst.» Vermutlich trug der lockere, aber kompetente Unterrichtsstil zu diesen Rückmeldungen bei. «Die Referenten wissen, wovon sie reden, und konnten alle Fragen beantworten.»
Näherrückende Seuchen
Bewusstes Handeln und Verantwortung braucht es auch im Zusammenhang mit den aktuell drohenden Tierseuchen. «Wir haben mit der Afrikanischen Schweinepest und der Maul-und-Klauenseuche zwei hochansteckende Seuchen, die immer näher an die Schweiz heranrücken», erklärt Tierärztin Sibylle, «die Vorstellung, eine der beiden Krankheiten könnte tatsächlich bei uns auftreten, bereitet Swissgenetics momentan Bauchweh.» Wenn plötzlich Sperrzonen und andere Massnahmen gegen eine Seuchenverschleppung eingerichtet werden sollten, muss der Besamungsdienst entsprechende Verhaltensregeln kennen.
Sensibel für Biosicherheit
Es sei für Swissgenetics ein grosses Anliegen, alle Kundenbetriebe immer bestmöglich zu schützen: «Der Besamungsdienst muss die Relevanz von Tierseuchen erkennen», sagt sie, «daher stellten wir auch in diesem Kursteil praktische Fragen. Wir erarbeiteten zum Beispiel, wo man überhaupt sinnvolle Informationen finden kann, wenn irgendwo ein Seuchenfall bekannt wird. Zur Biosicherheit eines Betriebs muss man ausserdem überlegen, wo das Besamerauto parkiert und wie das Einwegmaterial nach der Besamung entsorgt wird. Ausserdem muss man einen Schutzmantel korrekt an- und vor allem wieder abziehen.»
Sperrungen melden
«Überkleidung und richtige Handdesinfektion können im Seuchenfall schon viel verhindern. Aber auch die Reihenfolge der Betriebsbesuche ist entscheidend. Allerdings kann sie der Besamungsdienst nur entsprechend einteilen, wenn er die Seuchenauflagen eines Betriebs kennt. Die Behörden informieren uns diesbezüglich nicht. Der Kunde muss an die Besamungsgruppe melden, wenn sein Betrieb wegen einer übertragbaren Krankheit gesperrt ist. Nur so schützt er seine Nachbarbetriebe. Es muss ja nicht gleich MKS oder die Schweinepest sein, auch bei Salmonellose und anderen weniger dramatisch verlaufenden Seuchen ist eine entsprechende Nachricht absolut wünschenswert», rät Sibylle Mellema.