Sicherheit geht alle an
Unser Team Arbeitssicherheit möchte das Bewusstsein für die gemeinsame Verantwortung bei einer sicheren Besamung stärken.
Jutta Berger, wissenschaftliche Mitarbeiterin
«Beinahe-Unfälle haben wir im Besamungsdienst wie Sand am Meer», sagt Sibylle Mellema vom Swissgenetics-Team Arbeitssicherheit, «eigentlich können jeder Besamer und jede Besamerin Geschichten erzählen, in denen sie richtig Glück gehabt haben». Dabei beginne die Gefahrenzone bereits auf dem Weg durchs Milchhüsli, den Melkstand oder das Futtertenn zur Kuh. «Im Gegensatz zu den Betriebsangehörigen kennt der Besamungsdienst die ‹blöden Stellen› eines Stalls nicht in- und auswendig, sondern lernt sie häufig erst durch schmerzhafte Erfahrungen kennen – wenn man sich den Kopf anschlägt, stolpert oder irgendwo im Halbdunkeln ins Leere tritt.»
Die Mitverantwortung kennen
Viele Kunden seien sich ihrer Mitverantwortung für die Sicherheit der Besamungstechniker und -technikerinnen auf ihrem Betrieb gar nicht wirklich bewusst, sagt Sibylle weiter. «Aber wenn der Pöstler vor der eigenen Haustüre ausrutscht, weil man nicht ausreichend Schnee geräumt hat, kann dieser auch Regressforderungen geltend machen.» In der Praxis regeln die Unfallversicherung, die Swissgenetics für alle Mitarbeiter abgeschlossen hat, und die Betriebshaftpflicht des Kunden solche Fälle direkt untereinander. «Doch die ‹moralische Mitschuld› des landwirtschaftlichen Betriebs bleibt natürlich, wenn etwas passiert ist», erklärt die Expertin für Arbeitssicherheit, «manche haben da ziemlich lange dran zu knabbern».
Eine zweite Person macht alles sicherer
«Mit den zu besamenden Tieren selbst gibt es auch immer wieder gefährliche Situationen», stellt Sibylle Mellema fest, «Schlagverletzungen durch Tritte, verrenkte Arme wegen wildem Hin- und Herspringen unter der Samenübertragung oder sogar Attacken freilaufender Tiere sind die häufigsten Unfälle beim Besamen». Die allermeisten dieser Verletzungen wären durch eine gute Vorbereitung oder entsprechende Sicherheitsmassnahmen leicht zu verhindern gewesen. «Die beste Unfallverhütung ist eine zweite Person, die bei einer Besamung dabei ist: Jemand, der den Schwanz der Kuh hält und der die Kuh kennt. Diese Vertrautheit hilft sie zu beruhigen, wenn sie ängstlich ist und gleichzeitig kann jemand vom Betrieb gut einschätzen, wie sie reagieren wird. Meist kennt man die Tiere schliesslich, die nervös oder sogar aggressiv sind.»
Früher gab es mehr Kontakt
Der Besamungsdienst ist jedoch sehr häufig alleine im Stall. «Man hat sich in vielen Regionen an den Zustand, dass kein Kunde da ist, als ‹normal› gewöhnt», erklärt die Expertin weiter, «vor zwanzig Jahren war dies noch anders: Landwirte und Besamer tauschten sich gerne aus, unterhielten sich über die Kühe, deren Brunst und natürlich auch übers Wetter und die Ernte. Der Kontakt war viel intensiver und sowohl der Umgang mit den Tieren generell als auch die Besamung selbst mit der Anwesenheit einer zweiten Person definitiv sicherer.» Dass man bei den heutigen Betriebsgrössen und dem Arbeitsaufkommen nicht mehr den ganzen Tag auf den Besamungsdienst warten könne, sei ja selbstverständlich. «Aber ein Warnhinweis, dass es sich um ein besonderes Tier handeln könnte, würde die eine oder andere brenzlige Situation bereits entschärfen», spricht Sibylle aus Erfahrung, «man könnte es sehr leicht mit auf dem Zetteli oder in der Stallkarte notieren, die dem Besamungsdienst hinterlassen werden».
Miteinander reden und sich absprechen
Als weitere Möglichkeit nennt sie den neuen SMS-Service (s.u.), den man bei der Besamungsanmeldung aktivieren kann. «Durch diesen wird wieder mehr Kontakt zwischen Betrieb und Besamungsdienst möglich», empfiehlt Sibylle, «das unterstützt nicht nur die Arbeitssicherheit, sondern auch die Kommunikation zwischen beiden Seiten und dadurch im Endeffekt auch den Besamungserfolg». Überhaupt sei das Miteinander-Reden generell das A und O. Hierbei können immer gegenseitig Absprachen getroffen werden, wie welche Situation am besten zu handhaben sei.